Heute vor genau 120 Jahren erblickte der Athletenclub Germania Artern das Licht der Welt.

Bericht: Manja Braunsdorf

Im Herbst der Jahrhundertwende wagten mutige Bürger in Artern den Schritt gegen die kaisergetreue Bourgeoisie und den Austritt aus dem Turnverein der Stadt. Sie gründeten ohne jede staatliche Unterstützung und nur mit Anschaffungen vom eigenen Geld den ATHLETENCLUB GERMANIA 1900.

Die Gründungsversammlung fand am 3. November im Arterner Goethehaus statt.
Zum Gründungsvater Otto Pötzsch gesellten sich neben Richard Wicht, Wilhelm Basler, Karl Ernst, Otto Patzschke, Oskar Freund, August Pilz, Fritz Michel, Friedrich Riech, Franz Dähne, Karl Reiber, Otto und August Vetter, Karl Kubald, Hermann Buchholz, Albert Mündke, Waldemar Kaiser auch der spätere Bürgermeister der Stadt Karl Hühnerbein.

Ansicht von Vereinsstatut Quelle: Vereinsarchiv AC Germania Artern

Unter der Leitung von Sportwart Pötzsch wurde der Übungsbetrieb zunächst im Kronensaal und -garten in den Sportarten Ringen und Gewichtheben aufgenommen.

Schnell entwickelte sich ein guter Leistungsstand, der dazu beitrug, dass sich die Mitgliederzahlen erhöhten und bei Veranstaltungen viele Zuschauer zu Gast kamen. Ein Umstand über den wir uns auch heute noch freuen können und sehr schätzen.

Bereits in unseren ersten Jahren stellten sich Erfolge und gute Leistungen bei Meisterschaften ein. Auch der Name Pillep tauchte schon früh in unsere Vereinsgeschichte mit Sportfreund Karl Pillep sen. auf. Und sehr lang sollte dies auch für die Geschicke unseres Vereins ein sehr gutes Omen bleiben.

Natürlich gab es durch zwei Weltkriege und historische Wendungen immer wieder herbe Rückschläge und Veränderungen für den Sportbetrieb und das Vereinsleben. Aber jedes Jahrzehnt hatte auch seine guten Zeiten und zu jeder Zeit waren es die Sportler und Vereinsmitglieder, die nicht zurückstecken und wieder anpackten.

Gruppenbild von 1930 mit dem damaligen Vorstand und der Vereinsfahne Quelle: Vereinsarchiv AC Germania Artern

Auch unsere Trainungsstätten waren in den ersten Jahrzehnten immer vom Wohlwollen unserer Unterstützer abhängig. Der Platz vor der Veitskirche war ebenso Trainings- und Sportstätte, wie auch nach dem ersten Weltkrieg der Kellerraum der Gastwirtschaft Weiße. Erst 1932 wurden in Eigenleistung und durch Gelder der Mitglieder die alten Werkräume der Ziegelei in der Unstrutstraße zur Turnhalle umgebaut. Ein glücklicher Umstand der Voraussetzung für viele neue Erfolge war.
Und noch heute befinden wir uns in diesem wunderbaren Domizil.
Stolz sind wir aber auch auf unsere Werner-Seelenbinder-Freilichtbühne im Salinepark. Durch fleißige Hände der Arterner Schwerathleten und ihrer Unterstützer Anfang der 50ziger Jahre gebaut steht sie noch heute für OpenAir Veranstaltungen mit zahlreichen Zuschauern zur Verfügung.

Durch systematischen Aufbau eines neuzeitlichen Trainingsbetriebes wurde in den frühen 30ziger Jahren neben dem klassischen Ringkampf auch Zweckgymnastik, ringerische Grundschule, Turnen, Faustball, Leichtathletik und Rasenkraftsport im Verein integriert. Später – in den 70ziger Jahren – wurde Artern auch Trainingszentrum Ringen. Viele Arterner Jungs gingen über die Matten in der Unstrutstraße, viele davon findet man heute noch auf und neben der Ringkampfmatte. Bis zur politischen Wende galt der Verein als Hochburg für den Ringkampf im griechisch-römischen Stil und der Nackenhebel war gefürchtet.

Natürlich können wir an dieser Stelle nicht alle Erfolge unserer Sportler und Mannschaften aufzählen. Stolz sind wir auf die Ergebnisse in jedem Jahrzehnt. Unzählige Medaillen und Pokale sammelten sich bei Landes-, Mitteldeutschen-, DDR-, Deutschen- und internationalen Meisterschaften der Jugend und Männer, sowie im Ligabetrieb an. In den 2000ern Jahren standen auch taffe Mädels mit auf der Ringermatte und holten Medaillen.

Fahne des AC Germania Artern

An solchen Jubiläumstagen denkt man als Mitglied voller Stolz an seinen Verein, die vielen bemerkenswerten Momente, tolle Sportler und Leistungen, Freundschaften zu Vereinen oder so manches Erlebnis. Aber an diesen Tagen gilt unser besondere Dank auch allen Aktiven und Funktionären, allen Mutigen und allen Ideengebern, allen Helfern und Förderern, eben allen, die über die 120 Jahre dem Verein sein Gesicht gegeben, die Erfolge erzielt, seinen Erhalt geprägt und vor allem ihm zu seinem Ansehen verholfen haben.

Blick auf die Finger unserer kleinen Fans! Bild: Manja Braunsdorf

Es tut uns leid, dass wir dieses besondere Jahr und den Anlass nicht ordentlich mit allen feiern können, so wie es ursprünglich geplant war. Stattdessen schauen wir ungewiss in die nächste Dekade und fragen gespannt: „Wann dürfen wir wieder ringen, wann dürfen wir wieder mit unseren Fans im Hexenkessel jubeln?“.

Im Stillen und mit diesen Worten denken wir an unsere Vereinsgeschichte, Sportler und Fans, Freunde in Nah und Fern und hoffen auf bessere Zeiten für den Ringkampfsport nach der Covid19-Pandemie.

 

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